Der "Deutsche Ptolemäus" aus dem Ende des XV. Jahrhunderts (um 1490) in Faksimiledruck herausgegeben mit einer Einleitung

von Jos. Fischer S.J.

Drucke und Holzschnitte des XV. und XVI. Jahrhunderts in getreuer Nachbildung XIII.

Strassburg: J. H. Ed. Heitz (Heitz & Mündel), 1910

/S.5/ Seinem hochverehrten Lehrer und Mitherausgeber der Welt- und Wandkarten Waldseemüllers, Herrn Hofrat Prof. Dr. Franz R. v. Wieser in Dankbarkeit gewidmet vom Verfasser

Einleitung

/S.7/ Wie der "Erdapfel" des Martin Behaim, so gibt der bisher verschollene "deutsche Ptolemäus" erwünschten Aufschluß über die geographischen Anschauungen, die kurz vor der Entdeckung Amerikas in gebildeten Kreisen verbreitet waren. An wissenschaftlichem Wert kann sich allerdings der "deutsche Ptolemäus" bei weitem nicht mit dem berühmten Globus Behaims [7.1] messen. Gleichwohl liegt eine Gegenüberstellung nahe. Beide Werke entstanden fast gleichzeitig in Nürnberg. Zeigt der Globus das Weltbild, wie es der Auffassung der Seefahrer nach den letzten Entdeckungen entsprechen sollte, so spiegelt der "deutsche Ptolemäus" die Anschauung wieder, welche sich ein gelehrter Humanist auf Grund seiner Autoren von der Welt machte. Beim "deutschen Ptolemäus" handelt es sich nämlich nicht um eine Uebersetzung des griechischen Ptolemäus ins Deutsche, sondern vielmehr um eine in deutscher Sprache abgefaßte Kosmographie, die als Quellen außer Ptolemäus noch zahlreiche ältere und neuere Autoren benützt. Die Bezeichnung "deutscher Ptolemäus" wurde gleichwohl beibehalten, weil unsere deutsche Kosmographie in der Ueberschrift des lateinischen poetischen Vorwortes ausdrücklich als "deutsche Uebersetzung der Kosmographie des Ptolemäus" (S. 2 des Faksimile) hingestellt wird und weil dementsprechend /S.8/ unser Büchlein in Bibliothek- und Inkunabel-Katalogen sowie in der Literatur als "deutscher Ptolemäus" aufgeführt wird.

Text und zugehörige Weltkarte. Von dem unscheinbaren Werkchen, das S. 1-70 in getreuem Faksimile geboten wird, konnten trotz aller Nachforschungen bisher nur zwei Exemplare nachgewiesen werden. Das eine derselben, welches mit gütiger Erlaubnis der Direktion der Faksimilierung zu Grunde gelegt werden konnte, befindet sich in der Königl. Hof- und Staatsbibliothek in München [8.1], das andere in der Königl. Bibliothek in Berlin [8.2]. In der Literatur wurde der "deutsche Ptolemäus" außer gelegentlichen Erwähnungen nur einmal etwas eingehender behandelt. Es geschah dies vor mehr als hundert Jahren in der heute noch beachtenswerten Untersuchung des kurfürstlich /S.9/ bayrischen Hofbibliothek-Sekretärs J.B. Bernhart über das wirkliche Alter der Bologneser Ptolemäus-Ausgabe von 1462 [9.1].

Bernhart war nur das Münchener Exemplar bekannt. Mit Recht bedauerte er, daß in demselben die Weltkarte fehle, auf die im Texte immer wieder hingewiesen wird. Wäre ihm das Berliner Exemplar zugänglich gewesen, so würde er auch in ihm vergeblich nach der Karte gesucht haben [9.2]. Zum Glück hat sich die Karte aber wenigstens getrennt vom Text erhalten. Im Herbste 1901 fand ich sie in der Vadiana (St. Gallen), in einer Ulmer Ptolemäus-Ausgabe von 1482 lose einliegend.

Da mir von der Direktion der Münchener Hof- und Staatsbibliothek der Text und von dem Vorstande der Vadiana die Karte in liebenswürdigster Weise ausgeliehen, sowie deren Reproduktion gestattet wurden, so konnte mit Muße eine genaue Prüfung vorgenommen werden. Das Ergebnis war die vollste Gewißheit, daß Karte und Text zusammengehören, und jeder, der das nach S. 2 /S.10/ des Faksimile in Originalgröße eingefügte Kärtchen mit den Angaben des Buches vergleicht, wird diese Tatsache nur bestätigen können. Das Format ist "klein und gefüg", so daß es "diesem Büchlein" (S. 5 des Faks.) dienen konnte [10.1]. Tatsächlich ist ferner die Karte "mit aller Notdurft der Gradlinien, Paralleln, Klimaten und Meridianen bekleidet", wie es der erste Abschnitt: "Von der gemeinen Figur Ptolomei gegen dieses Büchleins Figur" (Faks. S. 4 f.) erheischt. Ebenso hat das Kärtchen die von der Weltkarte des Ptolemäus abweichende Gestalt, da es "ganz rund ist nach Zirkels Maß" (Faks. S. 5) - der älteste östliche Planiglobus! Jenseits des Wendekreises des Steinbocks weist die Karte kein Land auf, da das Gebiet noch "von niemand erforscht" (Faks. S. 6) wurde. Die Breitegrade sind in einem Abstand von je 5 Grad ausgezogen, die Längegrade dagegen nur von 10 zu 10 Grad, wie es die Abschnitte: "Von Inhalt dieses Büchleins Figur" (Faks. S. 6 f.) und "Von den Meridians-Zirkeln" (Faks. S. 26 f.) verlangen. Daß nur 18 Meridiane eingezeichnet wurden, "das ist geschehen von wegen der Kleinheit dieser Figur, auf daß man die Linien nicht sehr nahe bei einander setzt" (Faks. S. 27), jedoch ist die Zählung der Meridiane von fünf zu fünf Grad auf dem südlichen Parallelkreis eingetragen (5, 10, 15, ... 180), nur sind "die Linien nicht gezogen" (Faks. S. 27).

Wie das Gradnetz, so entsprechen die Erdteile und deren Teilgebiete den Forderungen des Textes. Einem jeden, der die Karte auch nur oberflächlich anschaut, werden die /S.11/ sonderbaren Zahlen in den drei Ptolemäischen Erdteilen Europa, Asien und Afrika auffallen. Bei näherer Prüfung ergibt sich, daß in Europa die Ziffern 1 bis 10, in Afrika 1 bis 4, in Asien 1 bis 12 verwertet sind. Der Text hebt diese für unsere Karte besonders charakteristische Eigentümlichkeit ausdrücklich hervor. Nach der Kapitel-Ueberschrift: "Albion Engelland 1." findet sich nämlich die Erklärung: "Hienach ist zu merken, daß dieser Numerus in der Figur auch verzeichnet ist" (Faks. S. 35). Daß für Europa 10, für Afrika 4, für Asien 12 Nummern eingetragen sind, hat seinen Grund darin, daß Ptolemäus für Europa 10, für Afrika 4, für Asien 12 Spezialkarten bietet. Auf die entsprechenden Karten des Ptolemäus wird im Text wiederholt ausdrücklich hingewiesen.

Auffallen könnte es, daß die Bezeichnung der Winde und deren Eigentümlichkeiten sowie der Himmelsrichtungen auf der Karte in lateinischer Sprache angebracht ist. Aber auch dieser an sich etwas befremdende Umstand dient nur dazu, um unsere Ueberzeugung von der Zugehörigkeit der lateinischen Karte zum deutschen Text noch mehr zu bekräftigen. Denn abgesehen davon, daß die Charakteristik der Winde mit den entsprechenden Angaben des Textes (Faks. S. 29 ff.) genau übereinstimmt, findet sich dieselbe lateinische Bezeichnung der Winde und ihrer Eigentümlichkeit sowie der Himmelsgegenden auch auf einer Kopie unserer Karte (vgl. Abbild. 1), die einer Abschrift des "deutschen Ptolemäus" aus dem Anfange des sechzehnten Jahrhunderts beigefügt wurde. Die handschriftliche Karte findet sich in dem Cod. lat. 388 der Münchener Hof- und Staatsbibliothek S. 182 [11.1].

/S.12/ Format, Gradnetz, Kartenbild und vollkommene Uebereinstimmung mit einer sehr frühen Kopie geben uns die volle Sicherheit, daß Karte und Text ein Ganzes bilden. Zu demselben Ergebnis führt die Untersuchung der Type. Allerdings weisen nur die vier Bezeichnungen der Himmelsgegenden : Septemtrio, Meridies, Oriens und Occidens Typendruck auf, während alles andere auf der Karte Holzschnitt ist. Aber die vier Worte genügen vollauf, um sich davon zu überzeugen, daß bei ihrem Druck dieselben Typen verwendet wurden wie für den Text des Büchleins.

Die naheliegende Frage, wie es zu erklären sei, daß die Karte sich weder in dem Münchener noch in dem Berliner Exemplare des "deutschen Ptolemäus" erhalten habe, dürfte dahin zu beantworten sein, daß die kleine deutsche Kosmographie nicht gebunden, sondern geheftet ausgegeben wurde, daß die Karte zur bequemeren Benutzung lose beilag oder doch nur so befestigt war, daß sie von den Besitzern leicht abgetrennt werden konnte. Zum Verluste mag auch der Umstand beigetragen haben, daß die Karte einige Schwierigkeit bot, wenn man das Büchlein beim Einbinden so stark beschneiden wollte, wie es der Text gestattete und wie es sowohl bei dem Münchener als bei dem Berliner Exemplare tatsächlich geschehen ist. Noch deutlich sieht man bei dem Münchener Exemplar, daß nach dem ersten Blatt ein Blatt, eben die jetzt fehlende Karte, /S.13/ herausgerissen wurde. Auch an der St. Gallener Karte erkennt man deutlich, daß sie einst mit dem linken Rande befestigt war. Hätte man die Karte in entsprechender Weise beschneiden wollen, so wäre sie an allen Seiten verstümmelt worden. Daß der Rand des Buches ursprünglich recht breit war, so daß das Format von Karte und Text harmonierte, erhellt daraus, daß die handschriftlichen Eintragungen in den beiden erhaltenen Exemplaren beträchtlich beim Einbinden geschädigt wurden. So ist bei der Berliner Inkunabel von der Randnote: tria ma-ria die Silbe: "ma" weggeschnitten; von dem Worte: Macedonia fehlen die beiden Silben: "cedo". Aehnlich verhält es sich bei dem Münchener Exemplar, in /S.14/ dem z. B. die beiden letzten Silben von antarcticus weggeschnitten sind.

(/noch S.13/ Abb. 2a und 2b. Wasserzeichen des "deutschen Ptolemäus".)

Die Berliner Inkunabel ist (abgesehen von dem Verluste der Karte) sehr gut erhalten, während die Münchener, wie schon Bernhart bemerkte, durch Nässe "etwas morsch" geworden ist. Auf beide paßt die Beschreibung Bernharts (a.a.O. S. 622 f.): das Format ist klein Oktav, die Blattzählung fehlt, desgleichen fehlen die Kustoden, die Kolumnentitel und die großen Anfangsbuchstaben, doch sind letztere vielfach durch kleine gedruckte Buchstaben vertreten ; die Signaturen a, b, c und d beziehen sich auf je acht, die letzte (e) nur auf drei bedruckte Blätter. Im ganzen umfaßt also unsere deutsche Kosmographie 35 Blätter. Die Type ist gotisch, ziemlich klein, nicht rein und etwas abgenützt. Als Wasserzeichen enthält das glatte, ursprünglich weiße Papier eine Krone und außerdem, was Bernhart übersehen hat, einen Kreis mit einem Durchmesser und einer darauf senkrecht stehenden Linie, die ein Andreaskreuz schmückt (vgl. die Abbildungen 2a und 2b). Beide Exemplare bieten diese beiden Wasserzeichen [14.1], aber nie ein ganzes, sondern in /S.15/ Bruchstücken auf verschiedene Blätter verteilt. Die Karte hat wie die meisten Blätter des Buches kein Wasserzeichen.

* *

Der Inhalt des Büchleins.

1. Der Text. Der unbekannte Verfasser des lateinischen Vorwortes (Faks. S. 2) empfiehlt uns "die jüngst ins Deutsche übertragene Kosmographie des Alexandriners Claudius Ptolemäus" als Reisebegleiter zu des prächtigen Ganges Gestaden wie zu des lieblichen Tajos Gefilden. Sichere Auskunft verschafft das sorgfältig gefeilte Büchlein im eisigen Lande der Skyten wie dort, wo die Mauren Pygmalions Schätze behüten. Auch zur See ist es ein zuverlässiger Führer, mag dein Schiff Juppiters Kreta aufsuchen oder Cypern und Rhodus. Ptolemäus hat auf seinen kunstvoll entworfenen Karten die Namen verwendet, die in seiner Zeit in Uebung waren, der deutsche Ptolemäus bezeichnet die Reiche, die Völker, die Flüsse und Städte mit den neuen Namen. "Cunta refert", sagt kühn der Dichter, "vasto quicquid modo clauditur orbe" - alles meldet das Büchlein, was heute umschließet der Erdkreis. Zum Schlusse bittet der Dichter "den gar lieben Leser", er möge mit dem Danke für das Werk nicht deshalb zurückhalten, weil es in deutscher Sprache verfaßt sei.

Die Kosmographie selbst zerfällt in zwei Hauptteile. Im ersten, der allgemeinen Geographie (Faks. S. 4-32) wird nach einem kurzen Vorwort in 15 Abschnitten das behandelt, was dazu dienen kann, "auszumessen und /S.16/ zu teilen diese unsere bekannte Welt", so daß der Leser leicht finden kann, "wie und wo jegliches gelegen sei, in welchem Teil der Erde, in welchem Klima, neben welchem Parallel und unter welchem Grad" (Faks. S. 32). Außerdem aber wird noch gehandelt von dem Lauf der Sonne (Faks. S. 8-11), von dem Einflusse der zwölf Zeichen des Tierkreises auf die Gesundheit des Menschen [16.1] (Faks. S. 11-15), von den zwölf Winden und deren Beschaffenheit (Faks. S. 29-31).

Im zweiten Hauptteile, der speziellen Geographie (Faks. S. 32-69), werden nach einer kurzen Uebersicht über die Einteilung des Festlandes und des Meeres die drei Erdteile Europa, Afrika und Asien eingehender gewürdigt. Der Verfasser folgt bei Anordnung der Abschnitte seinem Hauptgewährsmanne Ptolemäus, er behandelt, den Spezialkarten des Ptolemäus entsprechend, Europa in 10, Afrika in 4, Asien in 12 Abschnitten; durch die den Kapitelüberschriften beigefügten Ziffern verweist er auf die entsprechenden Ziffern der Karte. Auch bei der Ausführung der einzelnen Abschnitte hält sich der "deutsche Ptolemäus" an sein griechisches Vorbild, das ihm, wie wir später sehen werden, in lateinischer Uebersetzung zu Gebote stand. Zuerst werden die Grenzen der Länder bestimmt, sodann die Gebirge, Flüsse, Völker und Städte aufgezählt und kurz charakterisiert. So heißt es bei "Gotland und Schön" [Schonen]: "von dan[nen] die schönen Häringe kommen" (Faks. S. 33), bei Lissabon: "Da ist große Handlung und Niederlage /S.17/ Europe und Affrice" (Faks. S. 36 f.). Daß dabei viel Seltsames unterläuft, daß Menschen mit Hundsköpfen, mit einem Horne auf der Stirne, mit Schwänzen und ähnliche Fabeleien nicht fehlen [17.1], darf uns nicht wundern. Sie gehören in eine mittelalterliche und humanistische Kosmographie ebenso gut wie die köstlichen naturwissenschaftlichen Aufschlüsse über die Ueberschwemmungen des Nil (Faks. S. 49 f.) oder die Ausbrüche des Aetna (Faks. S. 41 f.). Der Aetna ist "ganz löcherig und mit schweflichem Erz durchädert. Und so die Winde diesen Berg durchblasen, erwecken sie es" und schleudern es als "feurige Kohlen des Schwefels ins Meer". Daher rührt dann die "Ungestümigkeit auf dem Meere". Sizilien "steht ganz auf einem schwarzen löcherigen Stein, Topos [Tuffstein oder wie hier Bimsstein] genannt". Kulturhistorisch nicht uninteressant ist die sich unmittelbar anschließende Notiz über die Verwendung des "Topos", den "man hier in diesen Landen in den Bädern braucht, sich damit [zu] krauen oder [zu] jucken, das da gemeiner ist bei den Frauen, denn bei den Männern". Am Schlusse der einzelnen Erdteile behandelt der Verfasser nach dem Brauche der Zeit ziemlich eingehend "die Buchstaben oder littera" (Faks. S. 44), die dort in Uebung sind.

2. Die Karte. Seltener und wertvoller noch als der Text ist die zugehörige Karte. Gedruckte Weltkarten des 15. Jahrhunderts gehören, besonders wenn man von den gedruckten Ptolemäus-Ausgaben absieht, zu den Raritäten allerersten Ranges. Zudem ist unser Weltkärtchen durch seine Globular-Projektion ausgezeichnet - es ist der erste gedruckte östliche Planiglobus. Die Projektion wirkt auf den ersten Blick befremdend : nicht nur /S.18/ die nördlichen Breitenkreise, sondern auch die südlichen bis zum 30. Grad weisen dieselbe nach Norden geöffnete Krümmung auf. Die Anwendung derartiger Breitenkreise war ohne allzu große Verzerrung nur deshalb möglich, weil das Land südlich vom Wendekreis des Steinbocks noch nicht erforscht (Faks. S. 6) war. Bei dem Entwurfe seiner Breitenkreise, seiner Paralleln und Klimate dürfte sich unser Autor eines ähnlichen Verfahrens bedient haben wie Waldseemüller bei seiner Figur in der Cosmographiae Introductio (vgl. Abbildung 3), die das Verhältnis der Paralleln und Klimate zu den Breitengraden veranschaulichen soll [18.1]. Als ich im Herbste 1901 dieses vielleicht nur in dem einen St. Gallener Exemplare existierende Kärtchen fand, da interessierte mich vor allem die große sich nach Norden zuspitzende Halbinsel im Norden Europas. Ein Jahr vorher hatte mich dieselbe, von mir zuerst als das normannische Grönland erwiesene Halbinsel [18.2] auf die in der Kupferstichsammlung des fürstlichen Schlosses Wolfegg (Württemberg) befindliche Vorlage der Ulmer Ptolemäus-Ausgaben von 1482 und 1486 geführt [18.3]. Durch dieselbe Halbinsel war ich bei derselben /S.19/ (Abb. 3 "Climata cim gradibus parallelorum simul horas insinuit numeris ista figura suis." Waldseemüller, Cosmographiae Introductio, p. 21 f.) /S.20/ Gelegenheit für die Welt- und Wandkarte vom Jahre 1507 interessiert worden, die zuerst den Namen "America" aufweist und die ich in der Bibliothek desselben Schlosses entdeckte. Das Verlangen, den Namen des ungenannten Autors der Karte festzustellen, ging nicht nur in Erfüllung, sondern führte mich nach wenigen Stunden auch noch zur Auffindung der völlig verschollenen Carta Marina Waldseemüllers vom Jahre 1516 [20.1] und nach einigen Tagen zur Entdeckung der großartigen bis dahin völlig unbekannten Welt- und Wandkarte des Jodocus Hondius vom Jahre 1611, welche den Weltkarten Waldseemüllers gegenüber den Fortschritt der Kartographie in hundert Jahren mit einem Blick erkennen läßt [20.2]. - Nun fand ich in der Vadiana das längst verschollene unscheinbare Weltkärtchen mit derselben wunderlichen Halbinsel. Da war also wieder das normannische Grönland, dessen kartographischen Werdegang ich so mühsam erforscht hatte, das zuerst von Claudius Clavus so auffallend richtig gezeichnet und lokalisiert worden war, das dann unser in Florenz emsig schaffende Landsmann Donnus Nicolaus Germanus irrig in den äußersten Norden Europas /S.21/ verlegt hat [21.1]! Auch das übrige Kartenbild war mir längst bekannt, es zeigte dieselben Umrisse wie die Weltkarte der Ulmer Ptolemäus-Ausgaben und deren handschriftliche Vorlage in dem kostbaren Pergamentkodex der reichen Wolfegger Kupferstich-Sammlung. Aber Jahre brauchte es, bis es mir gelang, zur isolierten Karte den zugehörigen Text in der Münchener Hof- und Staatsbibliothek zu finden, dem, wie schon bemerkt, die Karte ebenso fehlt, wie dem "deutschen Ptolemäus" der Königl. Bibliothek in Berlin.

* * *

Verfasser, Druckort, Druckjahr. "Wer der Verfasser dieses merkwürdigen Buches sein möchte, muß ich ganz dahingestellt sein lassen". So schrieb Bernhart vor hundert Jahren [21.2] und fast dasselbe muß ich auch heute noch gestehen. Bei dem allseitigen Interesse, das der Verfasser für die verschiedenartigsten Dinge bekundet, ist es unmöglich, auch nur zu bestimmen, ob derselbe geistlichen oder weltlichen Standes, ob er ein Mathematiker, Geograph, Astronom, ein Arzt oder Philologe gewesen sei, nur für einen Juristen scheint nichts zu sprechen. Wenn aber Bernhart aus dem Büchlein "nur soviel abnehmen konnte", daß der Verfasser "im Jahre 1480 noch am Leben war", da /S.22/ "bei der Rubrik in Asia minor klein asia 1. die Belagerung der Insel Rhodis durch die Türken im Jahre 1480" vorkomme [22.1], so läßt sich doch, wie mir scheint, mehr und genaueres feststellen.

Was zunächst die Heimat des Verfassers anlangt, so ist zu beachten, daß unser alter Baedeker sich am besten im Osten Europas auskennt: in Groß- und Kleinpolen, in der Lausitz, in Schlesien, "in dem siebten Klima", in dem "wir gelegen sein" und in dem der Tag zur Zeit der Wintersonnenwende "nur acht Stunden" beträgt (Faks. S. 10 f.). In ganz auffallender Weise bemerkt der Verfasser bei Erwähnung der Stadt "Neyss" (Neisse), sie sei gelegen "außwendig dem siebten Klima, in dem 15. Parallel, von dem Occident 40 Grad und 1/2" (Faks. S. l3). Die Städte Krakau und Nürnberg werden mehrmals merkwürdig ausgezeichnet und mit einander in Verbindung gebracht. Das Sternbild Widder sieht mit dem Planeten Mars die Stadt Krakau an (Faks. S. 12), die Wage mit dem Planeten Merkur die Stadt Nürnberg (Faks. S. 14). Unter den Städten des siebenten Klimas wird Nürnberg, unter denen des achten Krakau aufgezählt (Faks. S. 26). Beide Städte vereint dienen als Beispiel bei der Bestimmung des Zeitunterschiedes, der eine Folge "der Rundheit des Erdreichs" ist. Die Stadt Krakau hat eine viertel Stunde früher Tag als Nürnberg (Faks. S. 28).

Mit Sicherheit ergibt sich aus den angeführten Zeugnissen, daß der Verfasser sein Werk "im siebten Klima" schrieb oder herausgab und daß er ein ausgesprochenes Interesse für den Osten Europas, vor allem für Neisse, Krakau und Nürnberg hatte.

/S.23/ Die Beziehung zu Nürnberg wird uns klar, wenn wir die Type untersuchen. Wie Vouillième bereits in seinem dankenswerten Katalog der Inkunabeln der Berliner Bibliotheken bemerkte, wurde der "deutsche Ptolemäus" in Nürnberg gedruckt und zwar von Georg Stuchs [23.1]. Als ich meine Bedenken gegen diese Feststellung machte, da Bernhart die Inkunabel anscheinend mit gutem Grund für einen Baseler Druck erklärt hatte [23.2], veranlaßte Voullième den Herrn Oberbibliothekar der Königl. Bibliothek in Berlin Prof. Dr. Konrad Haebler, eine Nachprüfung vorzunehmen. Das Ergebnis war, daß die Bestimmung Voullièmes als zu Recht bestehend anerkannt wurde [23.3].

/S.24/ Wie Nürnberg als Druckort, so dürfte Neisse, das von allen Städten Deutschlands, ja der ganzen Welt allein genau nach Klima, Länge und Breite charakterisiert wird, als die Heimat des Verfassers anzusehen sein. Dafür dürfte vielleicht auch der Dialekt sprechen, so die Bezeichnung "Kaul" und "keulicht" (Faks. S. 5 f.) für Kugel und kugelich, die sich nach Grimm (Deutsches Wörterbuch unter "kaulicht, käulicht") noch in Schlesien erhalten hat. Für schlesischen Dialekt scheinen auch sonst noch einige Indizien zu zeugen [24.1], wenngleich nicht zu übersehen ist, daß die Schriftsprache sich so vorherrschend Geltung verschafft hat, daß ein Schluß aus dem Dialekt allein nicht möglich ist.

Ob Krakau dem Autor wichtig war, weil er dort seine höheren Studien gemacht oder dort doziert hat oder aus einem andern Grunde, konnte trotz aller Studien und Nachfragen nicht festgestellt werden. Jedenfalls erhellt aber aus den trefflichen Arbeiten Bauchs [24.2], daß die Schlesier und insbesondere /S.25/ auch die Neisser an der Krakauer Universität von 1460-1520 sehr stark vertreten waren, und daß dort damals die mathematisch-astronomischen und humanistischen Studien in hoher Blüte standen.

Für die Zeit der Abfassung der deutschen Kosmographie ist die Stelle von Bedeutung, in welcher der gegen neue Berichte nicht gleichgültige Reiseführer erklärt: der Teil der Karte südlich vom Wendekreise des Steinbocks ist "mit Land nicht belegt", weil dieses Gebiet noch "von niemand erforscht" wurde (Faks. S. 6). Diese Stelle fällt um so mehr ins Gewicht, wenn man bedenkt, daß Martin Behaim seit 1490 in Nürnberg weilte und daselbst 1492 seinen großen Globus anfertigte [25.1]. Andererseits ergibt sich aus der Hauptquelle des "deutschen Ptolemäus", der Ulmer Ptolemäus-Ausgabe von 1486, (eine jüngere Quelle wurde, soweit ich sehe, nicht benutzt) daß unsere Kosmographie nicht vor 1486 abgefaßt sein kann. Der Druck dürfte also etwa um 1487 oder 1490 anzusetzen sein. Zu diesem Ansatz paßt der altertümliche Charakter der Type sowie der Umstand, daß die zahlreichen handschriftlichen Bemerkungen des Münchener Exemplares [25.2] dem 15. Jahrhundert zuzuweisen sind, wie mir der Oberbibliothekar an der Münchener Hof- und Staatsbibliothek Dr. Leidinger versicherte.

/S.26/ Die Quellen des Textes und der Karte. Unter den handschriftlichen Bemerkungen des Münchener Exemplares befindet sich eine gleich auf der ersten Seite, welche auf die Quellen unserer deutschen Kosmographie hinzuweisen scheint. Sie führt an : "Strabo, Plinius, Mela, Macrobius, Aeneas Sylvius, Addit. ad commentaria Caesaris, Ptholemeus, Vincentius in speculo, Justinus IV. li" (Faks. S. 1). Vom Verfasser des "deutschen Ptolemäus" selbst sind viel mehr Quellen ausdrücklich genannt, aber von den eben erwähnten handschriftlich aufgeführten Autoren erscheinen bei ihm außer Ptolemäus nur Strabo und Plinius. Zweifelsohne hat der deutsche Reiseführer Quellen benützt, die er nicht ausdrücklich genannt hat. So ist es mir weder mit Hilfe der im Buche gedruckten noch mit Hilfe der im Münchener Exemplar handschriftlich angeführten Autoren gelungen, die Quelle zu finden für die in mehrfacher Hinsicht interessante Angabe, daß der Priesterkönig Johannes seinen 24 tributären Königen ihre Abhängigkeit in drastischer Weise zu verstehen gibt. Hat nämlich ein Land einen neuen König erwählt, so muß er "gekrönt werden vom Priester Johann und dieser Priester Johann setzt auf die Krone dem Könige mit seinen Füßen, zu bedeuten, daß sie ihm untertänig sollen sein, dieweil sie leben" (Faks. S. 63 f.) [26.1].

/S.27/ Zunächst müssen wir uns jedenfalls an die vom Verfasser selbst angeführten Quellen halten. Im ganzen werden l6 Schriftsteller ausdrücklich genannt. Allerdings geschieht dies oft in einer Weise, die an die Geduld und das /S.28/ Finderglück keine geringen Anforderungen stellt. So heißt es zweimal: "der Mönch" und einmal: "ein anderer Autor sagt". Die Zitation ist zudem oftmals so ungenau, daß der Gedankengang eines Schriftstellers prägnant zusammengefaßt ist, wo man eine genaue Zitation vor sich zu haben wähnt, wie es gleich im Anfang (Faks. S. 3) der Fall ist bei Anführung des Aristoteles. Ein anderes Mal wird eine Quelle genannt, der eine lange Periode entlehnt zu sein scheint, während es sich tatsächlich um Reminiszenzen aus verschiedenen Autoren handelt. So wenn es (Faks. S. 51) über die Insel Canaria heißt: "aus welcher Insel (als Marcianus sagt) kommen also große Hunde, daß sie auch die größten Tiere fällen und überwinden als Löwen, Wildschweine, Bären u.s.w., einen solchen Hund hat gehabt Alexander Magnus". Man sollte nach dem Zusammenhange vermuten, bei Marcianus die ganze Stelle zu finden. Tatsächlich findet sich bei Marcianus Capella aber nur die Angabe : "Canaria ist voll von ungeheuer großen Hunden" ("Canaria canibus iminensae magnitudinis plena" ed. Fr. Eyssenhardt lib. VI n. 702). Über die beiden großen Hunde Alexanders, von denen einer einen Löwen und einen Elefanten bezwang, berichtet Plinius [28.1]. Aber der Hund /S.29/ stammte nicht aus Canaria, sondern aus Albanien. Der Umstand, daß der König Juba zwei ungeheuer große Hunde (ingentis magnitudinis) aus Canaria [29.1], König Alexander zwei riesige Hunde aus Albanien erhielt, wie Plinius in seiner Historia naturalis (lib. VI, c. 32. (37) und lib. VIII, c. 40 (61) erwähnt, dürfte die Veranlassung zu dem merkwürdig zusammengewürfelten Zitate geboten haben.

/S.30/ Am häufigsten, nicht weniger wie 25 mal ist Ptolemäus ausdrücklich genannt, einmal (Faks. S. 41) mit dem Zusatze: "de situ orbis". Nach dem Zusammenhange handelt es sich um eine Karte der Ptolemäischen Geographie oder Kosmographie und zwar um die neunte Europas. Ein Werk des Ptolemäus: "de situ orbis" gibt es nicht, wohl aber hat Pomponius Mela diesen Titel seinem kosmographischen Werke gegeben. Da sich in unserem deutschen Reiseführer Stellen finden, die Mela tatsächlich entlehnt sein durften, wie die Durchstechung der einstigen Landenge zwischen Afrika und der pyrenäischen Halbinsel durch Herkules (Faks. S. 46), so dürfte uns die falsche Zitation auf eine richtige Quelle geführt haben und die Münchener handschriftliche Eintragung dürfte mit ihrer Angabe: "Mela" zu Recht bestehen.

Aehnlich steht es mit einer andern irrigen Anführung. Viermal wird Anselmus ausdrücklich erwähnt, dreimal (Faks. S. 51, 57 und 64) mit dem Zusatze: "de imagine mundi", einmal aber mit der Bemerkung : "de vergine mundi" (Faks. S. 26). Von Anselmus wurde allerdings weder ein Werk mit dem Titel: "de imagine mundi", noch ein solches: "de vergine mundi" verfaßt. Aber es wurde den Werken des hl. Anselmus oftmals eine Abhandlung: "de imagine mundi" beigefügt. So fand ich in der reichhaltigen Bibliothek des Fürsten Oettingen-Wallerstein in Maihingen eine Inkunabel mit dem Titel: "Opera et tractatus beati Anselmi archiepiscopi cantuariensis ordinis S. Benedicti", deren letzter Abschnitt die lange vergeblich gesuchte Abhandlung: "de imagine mundi" bot [30.1]. Der Anfang /S.3l/ lautet: "Incipit liber Honorii inclusi de imagine mundi". Aber die mit Berufung auf Anselmus angeführten Stellen fanden sich alle vor, und auch die, welche dem Werke: "de vergine mundi" entlehnt sein soll, entspricht der "Imago mundi" des Honorius. Ein Werk: "de vergine mundi" geht weder auf den wirklichen noch auf den vermeintlichen Anselmus zurück. Auch in diesem Falle ist unserem Verfasser eine für unsere Quellenuntersuchung glückliche Verwechslung unterlaufen. Unter dem Titel: Kóre kósmou (virgo mundi) figuriert ein Dialog zwischen Isis und Horus, der sich unter den zahlreichen dem Hermes Trismegistos zugeschriebenen Werken befindet. Da nun unser "deutscher Ptolemäus" auf derselben Seite (Faks. S. 26), auf der er seinem Anselmus das Werk : "de vergine mundi" zuschreibt, den Philosoph Hermes erwähnt, so bietet das irrige Zitat den erwünschten /S.32/ Fingerzeig, in welchem Werke des Hermes Trismegistos die interpolierten interessanten Aufschlüsse über das achte Klima zu finden sind [32.1]. Selbstverständlich hat Hermes Trismegistos nichts von den Städten des ihm zugeschriebenen achten Klimas: Königsberg, Danzig, Magdeburg, Braunschweig, Krakau, Breslau und Lübeck (Faks. S. 26) gewußt.

Wie unser Reiseführer dem Hermes Trismegistos offenbar spätere Zusätze gutschreibt, so dem Alexandriner Ptolemäus manches, was ohne Zweifel erst auf den Herausgeber der Ulmer Ptolemäus-Ausgabe von 1486, Joh. Reger, zurückgeht [32.1]. Mit der Ulmer Ptolemäus-Ausgabe von 1486 kommen wir zur wichtigsten Quelle des "deutschen Ptolemäus", zu der Quelle, welcher unser Autor weit mehr als die Hälfte seines Werkes verdankt.

"Nach Inhalt und Meinung" (Faks. S. 5) geht zunächst die Weltkarte des "deutschen Ptolemäus" (vgl. die Weltkarte, deren Aufnahme ich meinem Kollegen Prof. G. Richen /S.33/ verdanke, nach S. 2 des Faksimile-Textes) auf die Ulmer Ausgabe zurück. Nur durch ein Versehen, sei es des Zeichners oder des Holzschneiders, wurde Irland mit Norwegen verbunden. Sonst stimmen die Umrisse der Länder genau mit der Ulmer Ptolemäus-Weltkarte von 1486 überein. Das Original der Karte in der Vadiana ist mit Farben übermalt. Der wenig kundige Maler hat Taprobana und Hinterindien grün bemalt wie Afrika, Teile Ostasiens blau wie das Meer. So erscheinen die Gebirge Ostasiens als Inseln. Aber das sind Willkürlichkeiten des Bemalers und die beweisen natürlich nichts gegen die völlige Uebereinstimmung zwischen unserer Karte und ihrer Ulmer Vorlage.

Wie die Weltkarte, so geht der größte Teil des Textes auf die von Joh. Reger besorgte Ulmer Ausgabe von 1486, nicht auf die von Holl 1482 herausgegebene zurück. Wenn nämlich der Reiseführer (Faks. S. 59) von den Skyten mit ausdrücklicher Berufung auf Ptolemäus sagt, sie "essen Menschenfleisch und Blut", so findet sich dieser Satz weder auf der Karte noch in dem Texte des Ptolemäus noch in der Ulmer Ausgabe von 1482, sondern erst in dem von Joh. Reger der Ulmer Ausgabe von 1486 am Schlusse beigefügten Traktat: "De locis ac mirabilibus mundi" [33.1] und zwar im sechsten Kapitel ("Carnibus humanis et eorum sanguine vivunt"). Diese Abhandlung fand außerordentliche Verbreitung, die römischen Ptolemäus-Ausgaben von 1490, 1507 und 1508 bieten sie ebenso wie die Straßburger von 1513, Schöner schrieb sich den langen Traktat eigenhändig ab und fügte ihn seinem Exemplare der Ulmer Ausgabe von 1482 (vgl. Cod. Vindob. lat. 3292) bei. Der "deutsche /S.34/ Ptolemäus" könnte also die Stelle auch der römischen Ptolemäus-Ausgabe von 1490 entlehnt haben, doch dagegen spricht, daß seine Weltkarte der Ulmer Ptolemäus-Weltkarte, nicht aber der in wesentlichen Punkten verschiedenen Weltkarte der römischen Ausgabe nachgebildet ist und daß die vom "deutschen Ptolemäus" ausdrücklich erwähnte moderne Karte der Nordlande sich wohl in der Ulmer nicht aber in der römischen Ptolemäus-Ausgabe vorfindet.

Wenn unter den vermutlichen Quellenschriftstellern in der früher erwähnten handschriftlichen Eintragung Vinzenz von Beauvais genannt ist, so hat das seinen Grund vielleicht darin, daß der Schreiber der Eintragung Stellen fand, die Reger seinem Hauptgewährsmann Vinzenz entnommen hat und die der Reiseführer seinerseits Reger entlehnte. Von den 61 Kapiteln der Regerschen Abhandlung gehen nämlich, wie ich gelegentlich einmal festgestellt habe, die ersten 22 Kapitel sowie die Kapitel 35-50 fast wortwörtlich auf das Speculum naturale des Vinzenz von Beauvais (lib. XXXIII, c. 1-21 u. lib. XXXII, c. 118-132) zurück.

Die modernen Karten der Ulmer Ausgabe von 1486 werden vom "deutschen Ptolemäus" in derselben Weise benützt wie die eigentlichen Ptolemäus-Karten. Für gewöhnlich geschieht dies ohne besondere Aufklärung. Aber an einer Stelle (Faks. S. 18) macht der Verfasser eine Ausnahme, er unterscheidet die Arbeit des Ptolemäus von der "des Mönches". Der letzte (21.) Parallel des Ptolemäus, heißt es (Faks. S. 18), ist vom Aequator 63 Grad entfernt, über diese Paralleln aber hat "der Mönch" noch acht Paralleln angebracht, die auf der beigegebenen Karte "von Engheit wegen des Zirkels nicht gesetzt" wurden. Nach S. 44 des Faksimile soll "dieser Mönch, der da erfahren gewesen ist in griechischer Sprache" den Ptolemäus ins Lateinische übersetzt haben. Da ich seit mehr als zehn Jahren alles aufzuspüren /S.35/ suchte, was sich auf "diesen Mönch", gemeint ist der "Donis Nicolaus Germanus" der Ulmer Ausgabe, bezieht, so freute ich mich einen Augenblick, vielleicht eine selbstständige zeitgenössische Notiz über den um die Verbreitung der Ptolemäus-Karten so hochverdienten deutschen Landsmann gefunden zu haben. Leider ergab sich bei näherem Zusehen alsbald, daß mit den Angaben nichts zu machen ist. Die Uebersetzung der Geographie des Ptolemäus hat bereits fünfzig Jahre vor Donnus Nicolaus Germanus der Italiener Jacobus Angelus (1409) besorgt. Nicolaus Germanus verstand allerdings griechisch und er hat auch wohl manche Veränderungen an der Uebersetzung des Jacobus Angelus vorgenommen, aber die Ansicht unseres "deutschen Ptolemäus", der griechische Ptolemäus wäre uns vielleicht "in Ewigkeit" unbekannt geblieben, wenn "dieser Mönch" [35.1] ihn nicht "in Latein gebracht" hätte (Faks. S. 44), ist durchaus irrig. Daß der Kosmograph, der auf der Spezialkarte des Nordens den 63 Breitegraden des Ptolemäus acht weitere hinzufügte, "ein Mönch" gewesen sei, dürfte der Verfasser unserer deutschen Kosmographie ebenso wie um dieselbe Zeit der Abt Trithemius aus der Titelvignette der Ulmer Ptolemäus-Ausgabe geschlossen haben. Dieselbe stellt nämlich einen Mönch in knieender Stellung dar, wie er einem mit der Tiara geschmückten, auf einem Throne sitzenden Papste sein Werk überreicht. Mag nun Donnus Nikolaus ein /S.36/ Mönch (Benediktiner) gewesen sein, oder nicht, jedenfalls ist seine Ptolemäus-Rezension gemeint, wenn es im "deutschen Ptolemäus" heißt: "der Mönch".

Wie "der Mönch", so konnte nach langem, vergeblichem Suchen schließlich der Autor aufgespürt werden, auf den (Faks. S. 57) hingewiesen wird mit den Worten: "ein anderer Lehrer sagt". Dem Wortlaute nach, scheint auf diesen andern Lehrer nur die Bemerkung zurückzugehen, daß man beim toten Meere "die giftige Schlange Thirus genannt" finde, "davon man Thiriaca macht". Tatsächlich aber sind dem "andern Lehrer" - Bernhard von Breidenbach [36.1] - eine Reihe von Angaben entlehnt: daß Japhet, der Sohn Noes, zuerst Cypern angebaut habe, daß auf Cypern noch der Venus-Garten gezeigt werde, in dem Pallas, Juno und Venus "ein Gezänk hatten der Schönheit halb", daß Paris aus dieser Insel Helena raubte, was die /S.37/ Veranlassung zu dem langwährenden trojanischen Kriege wurde. Auch die verschiedenen Bezeichnungen der Insel sowie die Kunde, daß sich auf dem höchsten Berge Cyperns eine Kirche finde mit dem Kreuz, an dem der gute Schächer gehangen (Faks. S. 57), sind fast wörtlich Breidenbachs Meerfahrt entlehnt [37.1]. Ebenso ist die Angabe über die Belagerung von Rhodus durch die Türken im Jahre 1480, von der sie "last(!)er und schand" (Faks. S. 54) davonbrachten, wohl sicher auf Breidenbach zurückzuführen, nach dem die Türken 1480 Rhodus 89 Tage belagerten "mit wenig er und großem schaden und schand" [37.2].

Die übrigen Zitate des "deutschen Ptolemäus" boten weniger Schwierigkeit. Die auch von Waldseemüller in seiner Cosmographiae Introductio (p. 8 der früher zitierten Faksimile-Ausgaben) angeführten Verse Vergils über die beiden Himmelspole finden sich Georgica I, 242 sq. Die zweimal (Faks. S. 10 u. 22) zitierte Stelle des Dichters Lucanus über Syene, wo die Sonne keinen Schatten wirft, ist dem Werke Pharsalia II, 583 entnommen.

Unter "haly halbenragell" (Faks. S. 12 u. 20) ist der nach 1050 verstorbene spanische Astrolog Ali ben Abî´l-Rigal Abu'l-Hasan (daher oft als Albohazen bezeichnet) zu verstehen, dessen "liber completus in iudiciis stellarum" u. a. 1485 in Venedig erschien. Vor allem wurden die Kapitel 35 und 37 des achten Buches ausgenützt. Wie ein Vergleich mit der Venetianischen Inkunabel, die sich in der Münchener Hof- und Staatsbibliothek findet, ergab, hat dem Verfasser des "deutschen Ptolemäus" eine ausführlichere /S.38/ Ausgabe oder Handschrift zur Verfügung gestanden. Zahlreiche Städtenamen und sonstige Angaben, die in der Venetianischen Inkunabel von 1475 fehlten, fand ich in den Hali-Handschriften der berühmten Bibliothek des Nicolaus Cusanus in Cues [38.1].

In dem Abschnitt: "Von den Climaten" (Faks. S. 18 bis 26) sind Hali, "Johannes de Sacrobusto" [38.2] (Faks. S. 18) und "Leupoldus" (gemeint ist die "Compilatio Leupoldi ducatus Austrie filii de astrorum scientia, decem tractatus continens") [38.3] in der Weise verbunden, daß /S.39/ manchmal die Angaben desselben Satzes zwei oder gar allen drei Autoren entlehnt sind. So die folgenden über das dritte Klima (Faks. S. 23): "die Länge des Tages in diesem Klima ist 14 Stunden und 15 Minuten [Joh. de Sacrobusto], an der Breite aber hat es 33 Grad und 40 Minuten [Hali], das macht 350 Meilen" nach Leupoldus, der die Breite auf 30 Grad herabdrückt. Die etwa 40 Städtenamen (Faks. S. 22-25), welche unser Reiseführer Hali entlehnte, weichen in der Schreibweise vielfach von der von mir verglichenen gedruckten und handschriftlichen Ueberlieferung ab, die meisten sind mit dem vorhandenen Kartenmaterial nicht näher zu bestimmen.

Nur nebenbei wird (Faks. S. 26) "Dyonisius tessalonicensis" (gemeint ist die Kosmographie des Dionysins Periegetes) zitiert [39.1]. Dreimal aber wird Strabo (Faks. S. 63 u. 64) erwähnt, je einmal Plinius und Solinus (Faks. S. 64). Diesen drei Autoren entlehnt unser Reiseführer die sensationellsten Nachrichten über Indien. Durch einen charakteristischen Lese- oder Gedächtnisfehler wird dabei die Macht des Königs "Botras" sowie die aller anderen Könige Indiens übertrieben. Während nämlich Solimus berichtet, der König von Palibotras biete alle Tage 600 000 Mann zu Fuß, 30 000 Reiter und 8000 Elefanten zum Dienste auf [39.2], verbindet unser Autor die von Solinus /S.40/ für die Anzahl der Reiter angeführte Angabe mit dein Worte elephantorum und statt "diebus" las er "regibus". So kommt es, daß er seinem Könige "Botras" 30 000 (statt 8000!) Elefanten zuspricht und allen Königen Indiens 8000 Kriegselefanten (Faks. S. 64)!

* * *

Einfluß des "deutschen Ptolemäus". Für den Nachweis des Einflusses, den der "deutsche Ptolemäus" auf die geographische Literatur ausgeübt hat, könnte diese und manche ähnliche Stelle gute Dienste leisten. Doch bedarf es solcher immerhin zweifelhafter Untersuchungen nicht, um nachzuweisen, daß der "deutsche Ptolemäus" zu seiner Zeit nicht unbeachtet geblieben ist. Sowohl das Münchener wie das Berliner Exemplar weisen zahlreiche Randbemerkungen, fast durchgehends Exzerpte, auf, ein Zeichen, daß sie studiert wurden. Ferner findet sich in München und in Wien je eine Abschrift unserer deutschen Kosmographie aus dem Anfang des sechzehnten Jahrhunderts. Daß es sich um Abschriften handle, ergibt sich für die Handschrift der Kaiserl. Hofbibliothek in Wien (Cod. Vindob. lat. 2992) [40.1] schon daraus, /S.41/ daß sie viele Abschnitte nur im Auszuge, teilweise lateinisch, wiedergibt, andere wie über den König "Botras" ganz ausläßt, ebenso fehlt bei ihr die kleine Weltkarte. Die Handschrift trägt die Zeitbestimmung 1509. Wie ich mit voller Sicherheit aus den Schriftzügen nachweisen konnte, wurde sie von der Hand des Geographen und Mathematikers Johannes Schöner aus Bamberg angefertigt. Daraus erklären sich auch leicht Zusätze wie "bambergk", welches er zwischen Würzburg und Nürnberg beim siebenten Klima (vgl. Faks. S. 26) einschob, und der Zusatz bei Rom, das der "deutsche Ptolemäus" einfach erwähnt: Florenz, Rom, Venedig (Faks. S. 40), das aber der Priester Joh. Schöner /S.42/ durch die Bemerkung auszeichnet: "Roma, do wont unser hailig Vatter der babst". Da nicht alle von Schöner mit Notizen versehenen Bücher und Manuskripte sein bekanntes Ex libris aufweisen, so sei eine Seite seines Exzerptes aus dem "deutschen Ptolemäus" oder wie Schöner das Werk bezeichnet: "Cosmographia Ptholomei Dewtsch Anno 1509" mitgeteilt (vgl. Abbildung 4). Da Schöner die Hauptquellen der deutschen Kosmographie, wie die Ulmer Ptolemäus-Ausgabe von 1482 nebst eigenhändiger Abschrift der von Reger für die Ausgabe von 1486 besorgten Zusätze [42.1] besaß, so /S.43/ ist es kaum möglich, den Einfluß unserer Kosmographie auf die zahlreichen geographischen Arbeiten Schöners mit Sicherheit nachzuweisen.

Während Schöner sich begnügte, auf 29 Oktav-Seiten den ihm wichtig scheinenden Inhalt der "deutschen Cosmographia Ptholomei" zusammenzufassen, hat ein unbekannter Autor uns in dem lateinischen Miscellan-Kodex 388 der Münchener Hof- und Staatsbibliothek [43.1] den /S.44/ "deutschen Ptolemäus" S. 181-218 ohne jede Auslassung geboten und die Karte S. 182 dazu. Der Dialekt und entsprechend die Orthographie des Kopisten war eine andere, wie auch Schöners Dialekt und Orthographie stark abweicht, aber sachlich wurde nur soviel geändert, daß sich daraus mit Bestimmtheit nachweisen läßt, daß wir es mit einer Kopie zu tun haben. So hat das Münchener Manuskript bei der Aufzählung der zwölf Tierzeichen die irrige Angabe der deutschen Kosmographie: "Der Stier, der Ochs" (Faks. S. 11) richtig umgeändert in: "Der wider, der ochs", dann aber über "wider" "styrr" geschrieben, ohne "wider" auszustreichen. Gleich darauf heißt es: "So nun die Sonne durch diese 12 Zeichen läuft und kommt in das Zeichen des Stiers". Der Abschreiber hat zuerst gedankenlos: "styrrs" nachgeschrieben, es dann aber in überschriebenes: "widers" (!) verbessert ohne das Wort "styrrs" durchzustreichen. In ähnlicher Weise wurde zuerst in der Münchener Handschrift der Irrtum: "und ein tercia, das ist ein 1/2 einer Minute" (Faks. S. 24) gedankenlos abgeschrieben, dann aber 1/2 durch Umänderung des 2 in 3, in 1/3 verwandelt, wie das noch in der Handschrift deutlich zu erkennen ist. Eine andere bezeichnende Stelle ist die offenbar verdruckte Angabe (Faks. S. 54): "uber alle reich ist der turk ein hermy pye diser deinen asia ..." Der Abschreiber hat hermy pye richtig zerlegt in : "her" (Herr) und "my pye", aber die Verbindung "my pye" (nach dem Zusammenhange: nahe bei) war ihm wohl auch noch rätselhaft, er unterstrich die merkwürdig dunklen Worte.

/S.45/ Ob die Münchener Abschrift einen weitern Einfluß ausgeübt hat, ließ sich nicht feststellen. Für uns ist sie jedenfalls von größter Bedeutung, da sie, wie schon oben bemerkt wurde, den zwingenden Beweis liefert, daß unsere kleine Weltkarte trotz ihrer lateinischen Angaben zum deutschen Ptolemäus gehört. Text und Karte vereint aber bieten uns einen neuen interessanten Beleg dafür, daß die Ansicht von der Kugelgestalt der Erde vor der Entdeckung Amerikas in weiten Kreisen verbreitet war. Sollte der "deutsche Ptolemäus" durch seine vielfach rückständigen Angaben, besonders über Afrika, Martin Behaim mittelbar oder unmittelbar veranlaßt haben zur Anfertigung seines "Erdapfels", so wäre dies ohne Zweifel der dankenswerteste Einfuß, den er je ausgeübt hat. Die oft aufgeworfene und bejahte Frage, ob es im fünfzehnten Jahrhundert eine deutsche Uebersetzung der Geographie des Ptolemäus gegeben habe, ging von den gelegentlichen ungenauen Angaben über unsern "deutschen Ptolemäus" aus. Nach Reproduktion des Textes und der zugehörigen Karte aber ergibt sich jetzt klar, daß der "deutsche Ptolemäus" keine Uebertragung des griechischen Ptolemäus ist, sondern eine in gewissem Sinne wertvollere selbständige Kosmographie in deutscher Sprache, eine "Cosmographia in vulgari", wie sie in der handschriftlichen Eintragung des Münchener Exemplares (Faks. S. 1) mit Recht genannt wird.


Fußnoten

[7.1] Vgl. E. G. Ravenstein, Martin Behaim, his life and his globe. With a facsimile of the globe printed in colours. London 1908.

[8.1] Bei Hain-Burger Bd. IV wird dieses Münchener Exemplar unter dem Stichworte Ptolemaeus (Claudius) Nr.*13642 beschrieben : "(epitomat. germanice :) F. 1 a vacat. F. 1 b : Inuitatio lectoris in cosmographiam claudi || ptolomei Alexandrini nouiter ideomate (sic) germa || no côtextum incipit foeliciter. F. 2 a (c. sign. a 2): Ein einleitung diß buchleins || Yn die Kunst cosmographia. Expl. f. 35 a l. 14: ere vnd dangksagung sei in ewigkeith. s. l. a. et typ. n. 8, g. ch. c. s. 28 l. 35 ff." Im handschr. Katalog der Münch. Hof- und Staatsbibl. ist es aufgeführt unter Ptolemaeus Cl.: "Cosmographie (germ.) s. l. s. a. 8. Inc. s. a. 74". Das Exemplar kam mit den Eberspergischen Handschriften in die Zentral-Staatsbibliothek.

[8.2] [8.2] Bei Ernst Vouillième, Die Inkunabeln der Königl. Bibliothek und der andern Berliner Sammlungen XXX. Beiheft zum Zentralblatt für Bibliothekswesen (Leipzig 1906) heißt es über das Berliner Exemplar unter Nr. 1915: "o. J. Ptolemaeus: Cosmographia, deutsch (Auszug) 8°. H. *13542." Als Drucker wird von Voullième: G. Stuchs in Nürnberg bezeichnet. Das Exemplar befand sich früher in der Bibliothek des berühmten Sammlers K. Hartw. Gregor von Meusebach. Es hat jetzt die Sign. V. p. 2860. Herr Dr. Otto Hartig, Assistent an der Münch. Hof- u. Staatsbibl., hatte die Freundlichkeit, mich auf das Berl. Ex. aufmerksam zu machen, auch sonst schulde ich ihm für seine vielfältige Unterstützung verbindlichsten Dank.

[9.1] Joh. B. Bernhart, Beyträge zur näheren Bestimmung des Druckjahres von der Kosmographie des Ptolemäus mit der Jahreszahl 1462 in Aretin's Beyträge zur Geschichte u. Literatur Bd. V (1805) S. 497-558 u. S. 609-628. Die Angaben über den "deutschen Ptolemäus" finden sich S. 621-629. - Von Raidelius wird in seiner Commentatio critico-literaria de Claudii Ptolemaei geographia (p. 72 § 5) erwähnt, daß ein deutscher Ptolemäus ohne Druckjahr und Druckort angeführt werde in dem Catalogus Bibliothecae Pfeiferianae Brunsvigae 1735 venditae und zwar unter den wertvollsten Büchern (intra libros primi ordinis). R. selbst hat den "deutschen Ptolemäus" nicht gesehen. - Zuletzt machte einige Angaben Jos. Fischer, Der älteste "deutsche Ptolemäus" und der älteste gedruckte Planiglobus in den "Stimmen aus Maria-Laach" Bd. 71 (1906) 584 ff.

[9.2] Für die liebenswürdige Bereitwilligkeit, mit welcher mir die Direktion der Königl. Hofbibl. in Berlin die bibliogr. Kostbarkeit zur Benützung überließ, sei ihr auch an dieser Stelle bestens gedankt.

[10.1] Die in der Mitte gefaltete Karte mißt 185x115 mm, das stark beschnittene Münchener Exemplar 140x98 mm, das ebenfalls stark beschnittene Berliner 148x95 mm. - Bei Anführung der Textstellen des Faksimile-Druckes wurde statt der vielfach recht fremdartigen Orthographie die moderne angewendet.

[11.1] Herr Hofrat Prof. Dr. v. Wieser hatte die Güte mich auf den Miscellan-Kodex 388 der Münch. Hof- u. Staatsbibl., in dem sich der "deutsche Ptolemäus" handschriftlich vorfindet, aufmerksam zu machen. Bei der Untersuchung des Kodex fand ich zu meiner Verwunderung, daß der Text (S. 181b-218a) zu einer handschriftlichen Karte (S. 182) gehörte, die ich mir wegen ihrer Darstellung Grönlands längst notiert hatte. Wie ein genauer Vergleich ergab, handelt es sich nicht um die Vorlage, sondern um eine Kopie unseres "deutschen Ptolemäus" und seiner Karte; vgl. den Abschnitt über den Einfluß des "deutschen Ptolemäus" am Schlusse der Abhandlung sowie Anm. 1 S. 43 f.

[14.1] Alle Bemühungen, aus den Wasserzeichen sichere Anhaltspunkte für die Zeit oder Ortsbestimmung des Druckes zu gewinnen, waren vergeblich; selbst das große Werk von C. M. Briquet, Les Filigranes (4 vol.) Paris-Leipzig 1907 bot nicht den gewünschten Aufschluß. Am ähnlichsten erwiesen sich für den "cercle que traverse ou surmonte un trait étoilé" die Nummern 3056-3058. Ueber die Herkunft heißt es: "Les figures du cercle surmonté d'un trait étoilé 3052 à 8094 semblent, sans exception, venir du nord de l'Italie", Nr. 3056 ist für 1492/93 in Tiroler Raitbüchern, für 1491 in Krakau nachgewiesen mit Berufung auf Likhatscheff, La signification paleographique des filigranes n. 3395 à 3397 ; Nr. 3057 für Venedig (1493) u. Regensburg (1496). Die "Couronne à trois fleurons (pointes ou perles) et deux demi .... offre des dispositions très variées". Am meisten entspricht Nr. 4798, welche mit Nr. 4797 u. 4799 "appartiennent à l'Italie septentrionale". Von dem eben genannten Russen Likhatscheff ist Nr. 4798 (in seinem russisch abgefaßten Werke) unter Nr. 3400 für Krakau (1491) nachgewiesen. Aber wann diese Wasserzeichen zuerst aufkamen und wie lange sie im Gebrauche waren, ob sie auch in Nürnberg sonst nachweisbar sind, das war mir bisher nicht möglich festzustellen.

[16.1] Der "deutsche Ptolemäus" erweist sich in dem Abschnitt über den Einfluß der Gestirne und dessen Bekämpfung als einen der ersten deutschen Vertreter der medizinischen Astrologie. Vgl. K. Sudhoff, Iatromathematiker vornehmlich des 15. u. 16. Jahrh., Breslau 1902, dem die Angaben unseres Autors unbekannt waren.

[17.1] Aehnliche Angaben bietet auch Behaims Globus in reicher Fülle.

[18.1] Vgl. die Faksimile-Reproduktion der Cosmographiae Introductio Waldseemüllers in der Sammlung: Drucke und Holzschnitte des XV. u. XVI. Jhrh. von J. H. Ed. Heitz XII (1907), herausgegeben und mit einer Einleitung versehen von Fr. R. v. Wieser, sowie in United States Catholic Historical Society Monograph IV with an Introduction by Jos. Fischer S.J. and Fr. v. Wieser. New York 1907.

[18.2] Vgl. Jos. Fischer, Die Entdeckungen der Normannen in Amerika. Unter bes. Berücksichtigung der kartogr. Darstellungen. Freiburg 1902. S. 90; in der englischen Ausgabe (London 1903) S. 86.

[18.3] Jos. Fischer a.a.O. S. V u. 79 f. Mein Nachweis, daß die Karten des Wolfegger Ptolemäus-Kodex die Vorlage für die Ulmer Ptol.-Ausgaben seien, wurde betr. der Weltkarte durch einen glücklichen Kartenfund des Herrn Henry Stevens (Ptolemy's Geography, London 1908, S. 30f.) bekräftigt sowie betr. der modernen Karte der Nordlande durch die synoptischen Tabellen, die Björnbo u. Petersen ihrer eingehenden Biographie des Claudius Clausön Swart (Claudius Clavus), Kopenhagen 1904, S.216-235 beigefügt haben; ein paar angebliche Verschiedenheiten sind auf Versehen der Herausgeber oder des Druckers zu setzen, so muß es in beiden Fällen heißen Otfacia, villa oberto, Pontus Balteus. In der während der Drucklegung bei Wagner (Innsbruck) erschienenen deutschen Ausgabe ist die Sache richtiggestellt. Ein für den Einfluß der Ulmer Ausgaben charakteristischer Fehler ist Einlant statt Finlant (Wolfegger Kodex).

[20.1] a.a.O. S. 86 ff. sowie Jos. Fischer u. Fr. R. v. Wieser Die älteste Karte mit dem Namen Amerika aus dem Jahre 1507 und die Carta Marina aus dem Jahre 1516 des M. Waldseemüller (Ilacomilus), Innsbruck 1903, S. 1 u. 3.

[20.2] In Originalgröße wurde die 246x160 cm große Welt- u. Wandkarte mit einem Begleittexte publiziert unter dem Titel: "Map of the world by Iodocus Hondius 1611 ed. by Edw. L. Stevenson and Jos. Fischer S.J." New York 1907.

[21.1] Ueber Claudius Clavus als Kartograph vgl. Gust. Storm Den danske geograf Claudius Clavus eller Nicolaus Niger in der Zeitschrift "Ymer", Stockholm 1889, S. 129 ff. u. 1891 S. 13 ff.; Jos. Fischer, Die Entdeckungen der Normannen S. 60 ff.; A.A. Björnboog C.S.Petersen, Fyenboen Claudius Claussön Swart (Claudius Clavus), Köbenhavn 1904, eine deutsche erweiterte u. verbesserte Ausgabe ist eben bei Wagner in Innsbruck erschienen. - Ueber Nicolaus Germanus vgl. Fischer, Normannen S. 75 ff. und die kartographische Darstellung der Entdeckungen der Normannen in Amerika in dem Werke: Internationaler Amerikanisten-Kongreß, Stuttgart 1906, S. 31ff.

[21.2] Bernhart a.a.O. S. 628.

[22.1] Bernhart a.a.O. S. 628 f.

[23.1] Vgl. Anm. 3.

[23.2] Bernhart a.a.O. S. 623 : "Die Typen .... treffen ganz genau mit denen überein, mit welchen das Buch unter dem Titel gedruckt ist: Stultifera Navis Sebastiani Brant, Basileae opera et promotione Johannis Bergman de Olpe anno 1497. Kalendis Martiis in 8". Diese Ausgabe befand sich früher in der Münchener Hof- u. Staatsbibliothek, wie das Sternchen bei Hain-Burger Nr. 3747 bezeugt. Nicht zu verwechseln ist die Ausgabe mit der in Augsburg erschienenen vom gleichen Jahr und Tag, von Hain-Burger ist die letztere unter Nr. 3748 beschrieben. Die Baseler Ausgabe fand ich weder in Berlin, München, Wien oder Zürich. Wiederholt fand ich sie angezeigt, aber bei näherer Prüfung stellte sich heraus, daß es sich um die Augsburger handelte oder sonst ein Versehen vorlag. Jedenfalls kann Basel als Druckort nicht in Betracht kommen, da es im "deutschen Ptolemäus" nie erwähnt wird.

[23.3] Bei einer mit Beihilfe des Herrn Bibliothekars Dr. E. Freys in München vorgenommenen Nachprüfung ergab sich, daß es sich bei der Münchener Inkunabel tatsächlich um die Type 14 (klein) des G. Stuchs in Nürnberg handelt. Im ganzen benutzte Stuchs 17 Typen, die Type 14 verwendete er, wie aus Rob. Proctor, An index of the early printed books in the British Museum. First section: Germany Nr. 2272 erhellt, um 1490. Vgl. Konrad Häbler, Typenrepertorium der Wiegendrucke. Abt. 1. Deutschland und seine Nebenländer. Sammlung Bibliothekswissenschaftl. Arbeiten. Heft 19 u. 20, Halle 1905. Den Herren E. Vouillième, K. Häbler und E. Freys sei für ihre freundliche Unterstützung nochmals verbindlichst gedankt.

[24.1] Ueber den schlesischen Dialekt vgl. Heinr. Rücken, Entwurf einer systematischen Darstellung der schlesischen deutschen Mundart im Mittelalter in d. Zeitschr. d. V. f. Gesch. u. Altert. Schlesiens Bd. VII-IX. Breslau 1866 f. Herr Hofrat Dr. Wilh. Haas sowie Herr Prof. Dr. Rud. Wolkau in Wien hatten die Güte den Dialekt des Büchleins nach eingeschickten Proben zu prüfen. Auch sie weisen auf das Wort "Kaul" statt Kugel hin, das in Schlesien noch heimisch sei; sie bemerken aber, daß dies Wort auch sonst z. B. im Fränkischen vorkomme. Mit Recht betonen sie ferner, daß die Schriftsprache des 15. u. 16. Jahrhunderts sich in dem Büchlein so stark geltend mache, daß der Dialekt ganz zurücktrete, im übrigen verweisen sie auf K. Bahder, Grundlage des neuhochdeutschen Lautsystems. Straßburg 1890.

[24.2] G. Bauch, Deutsche Scholaren in Krakau in der Zeit der Renaissance 1460-1520 im 78. Jahresb. der Schlesischen Gesellsch. für vaterländ. Kultur III. Abt. (Breslau 1901) S. 2-76; - Schlesien und die Universität Krakau im XV. u. XVI. Jahrh. in der Zeitschr. des Vereins für Geschichte Schlesiens Bd. 41 (Breslau 1907) S. 99-180. Bauch zählt 250 Schlesier auf, über die er genauere Angaben machen kann, "viele mit Namen bekannte Studenten und Promovierte" läßt er weg, da sie "nichts weiter als die Trauer eines Namens sind" (S. 101), ungleich mehr noch (B. spricht von "einer unfaßbaren Riesensumme") mußten fortbleiben, da die Matrikel besonders von 1489 an die Scholaren nur mit dem Vornamen anführt, dem sie den Vornamen des Vaters und die Heimat beifügt.

[25.1] Vgl. G. Ravenstein a.a.O. S. 41 f. u. 57 f.

[25.2] Bei der Reproduktion wurden diese Bemerkungen weggelassen, da sie sachlich nichts Besonderes bieten und den Preis unverhältnismäßig erhöht hätten, nur die Seite 1 wurde zur Ermöglichung einer Nachprüfung mit den Eintragungen faksimiliert.

[26.1] Als ich meinem Kollegen Prof. Rob. v. Nostitz-Rieneck von dieser höchst sonderbaren Krönungszeremonie Mitteilung machte, wies er mich darauf hin, daß sich eine ahnliche Fabel in dem angeblichen Krönungszeremoniell des römischen Kaisers bei Pseudo-Thomas, De regimine principum lib. IIL c. 20 finde und eine noch frühere und noch sonderbarere bei Roger de Hoveden Mon. Germ. SS. XXVII, 154. Letzterer schildert die Krönung des Kaisers Heinrich VI. und seiner Gemahlin Konstanze also: "Sedebat autem dominus papa in cathedra pontificali tenens coronam auream imperialem inter pedes suos, et imperator inclinato capite recepit coronam et imperatrix similiter de pedibus domini pape; dominus autem papa statim percussit cum pede suo coronam imperatoris et deiecit eam in terra, significans, quod ipse potestatern eiiciendi eum ab imperio habet, si ille demeruerit, sed cardinales statim arripientes coronam, imposuerunt eam capiti imperatoris". Mit Recht verwirft Toeche, Kaiser Heinrich VI. (S. 187) diese Erzählung als eine "abgeschmackte Fabel". Stubbs, der englische Herausgeber der Chronik, sucht die Darstellung als eine Pilger-Erzählung zu erklären und vermutet, daß dem greisen Papste Cölestin die Krone aus seinen zitterigen Händen zu Boden gefallen sei. Nehmen wir hinzu, daß damals die Sage von der Krönungsweise des Priesterkönigs Johannes den Rompilgern bekannt wurde, so wäre eine psychologische Erklärung der Erzählung Hovedens gegeben. Ebenso wäre eine Erklärungsweise gefunden für die Stelle bei Pseudo-Thomas, nach der der Kaiser außer der eisernen Krone noch: "Secundam coronam, quae aurea est, a summo percipit Pontifice; et cum pede sibi porrigitur, in signum suae subiectionis et fidelitatis ad Romanam Ecclasiam" cfr. S. Thomae Opera omnia ed. Parmae 1865 tom. XVI. opusc. XVI. lib. III. c. 20. Da das Zeremoniell der Kaiserkrönung in den liturgischen Büchern enthalten und genau bekannt ist (vgl. A. Diemand, Das Ceremoniell der Kaiserkrönungen von Otto I. bis Friedrich II., München 1894) und selbstverständlich nichts enthält, was "der abgeschmackten Fabel" von einem Aufsetzen der Krone mit den Füßen den geringsten Anhalt böte, so liegt es am nächsten anzunehmen, daß eine der unzähligen Fabeln über den sagenhaften allgewaltigen Priesterkönig Johannes, der über zahllose gläubige und ungläubige Könige in dem unermeßlichen "Aethiopien" - in Asien und Afrika - seine unumschränkte Herrschaft ausübte, die Quelle für Hoveden, für Pseudo-Thomas und für unsern "deutschen Ptolemäus" war. Trotz aller Nachforschungen und Erkundigungen ist es mir bisher nicht geglückt, diese Quelle wieder zu entdecken. Ueber den sagenumwobenen Priesterkönig Johannes vgl. G. 0ppert, Der Presbyter Johannes. Berlin 1870; Friedr. Zarncke, Der Priester Johannes in Abh. der Kgl. sächs. Ges. der Wissensch. Philolog. Hist. Cl. Bd. VII. (1879) S. 827 ff. u. Bd. VIII (1883) S. 1 ff. Fr. Kampers, Alexander der Große und die Idee des Weltimperiums in Prophetie und Sage (Freiburg 1904), S. 100 ff. Bei der Arbeitsweise des "deutschen Ptolemäus" wäre es selbstverständlich auch nicht ausgeschlossen, daß er die absurde Papstfabel auf den Priesterkönig Johannes übertragen hätte.

[28.1] Plinius, Historia naturalis lib. VIII, c. 40 (61) ed. C. Mayhoff (Lipsiae 1875) S. 92. Daß der Verfasser des "deutschen Ptolemäus" aus dem Gedächtnisse zitierte, erhellt auch daraus, daß von den großen Hunden Alexanders Wildschweine und Bären nicht angegriffen, sondern als zu geringfügig so verachtet wurden, daß sich die Hunde ihretwegen nicht einmal von der Stelle rührten. Alexander ließ sogar den einen Hund töten, weil er für sträfliches Phlegma ansah, was tatsächlich allzu großer Hundestolz war. So1inus hat die Stelle aus Plinius für seinen Polyhistor (ed. Mommsen, Berolini 1864, c. 15, 6. 7, p. 83) übernommen. Die Verbindung "Bären bald darauf Eber" (ursos mox apros) hat Solinus umgeändert in "Wildschweine und Bären" (sues sibi et ursos). Vielleicht hat die Redaktion des Solinus unserm "deutschen Ptolemäus" vorgeschwebt. Da die Stellen für die Arbeitsweise unseres Autors auch für den Fall interessant sind, daß er sie einer mir unbekannt gebliebenen dritten Vorlage entlehnt haben sollte, seien sie wenigstens der Hauptsache nach wörtlich mitgeteilt. Plinius erzählt (VIII, 40 (61) n. 149): "Indiam petenti Alexandro Magno rex Albaniae dono dederat inusitatae magnitudinis unum [canem], cuius specie deletatus iussit ursos, mox apros et deinde damas emitti contemptu immobili iacente eo". Ueber das vermeintliche Phlegma des Hundes (nach Solinus war er "ignavo similis") wurde der feurige Alexander so erbittert, daß er den Hund töten ließ. Als der König von Albanien dies erfuhr, schickte er Alexander den zweiten Hund mit dem Auftrage: "ne in parvis experiri vellet, sed in leone elephantove. Duos sibi fuisse: hoc interempto, praeterea nullum fore. Nec distulit Alexander, leonemque fractum protinus vidit. Postea elephantum iussit induci, haud alio magis spectaculo laetatus. Horrentibus quippe villis per totum corpus ingenti primum latratu intonuit, mox incessivit adsultans contraque membra exsurgens hinc et illinc, artifici dimicatione, qua maxime opus esset, infestans atque evitans donec adsidua rotatum vertigine adflixit ad casum eius tellure concussa". Bei Solinus finden sich einige Verschiedenheiten, so heißt es gleich zu Beginn der Stelle: "Apud hos populos nati canes feris anteponuntur, frangunt tauros, leones premunt, detinent quicquid obiectum est" (ed. Mommsen, c. 15, 6). Alexander erhält beide Hunde, wie es scheint, gleichzeitig. "Legimus", heißt es nämlich, "petenti Indiam Alexandro a rege Albaniae duos missos, quorum alter sues sibi et ursos oblatos usque eo sprevit, ut offensus degeneri praeda ignavo similis diu accubaret: quem per ignorantiam velut inertem Alexander extingni imperavit. Alter vero monitu eorum, qui donum prosecuti fuerant, leonem missum necavit: mox viso elephanto notabiliter exultans beluam primum astu fatigavit, deinde cum summo spectantium horrore terrae adflixit" (c. 15, 7).

[29.1] Plinius, a.a.O., ed. Jan lib. VI, c. 32 (37) n. 205 gibt bei Erwähnung der Insel Canaria an: "Canariam, multitudine canum ingentis magnitudinis, ex quibus perducti sunt Jubae duo".

[30.1] Für die liebevolle Unterstützung, welche mir der gelehrte Bibliothekar des fürstlichen Schlosses in Maihingen, der hochw. Herr Dr. Georg Grupp, während meines mehrtägigen Aufenthaltes bot, schulde ich ihm herzlichsten Dank. Die Inkunabel der Oettingen-Wallersteinischen Bibliothek schließt: "Explicit Opera sancti Anselmi, que is scripsit hoc libro, que salutari sidore [!] clauduntur Anno Christi 1491, die vero vicesima septima martij. Nurenberge per Caspar hochfeder opificem mira arte ac diligentia impressa". Da der Verfasser des "deutschen Ptolemäus" eine andere Inkunabelausgabe der Werke des h. Anselmus oder auch eine Handschrift derselben, in der sich der Traktat: "De imagine mundi" fand, benützt haben kann, so ist selbstverständlich aus der Zeitbestimmung der von mir benützten Inkunabel (1491) nichts zu schließen. Dasselbe gilt auch von den spater erwähnten Quellen unseres Autors. Ueber Handschriften der Werke Anselms mit dem Traktat: "De imagine mundi" vgl. G. Gerberon, S. Anselmi opera omnia abgedruckt bei Migne, Patres lat. Tom. CLVIII, Sp. 46 n. C u. D; der Traktat selbst findet sich Migne, Tom. CLXXII, 115-165 unter den Werken des Honorius Augustodunensis. Wie auch sonst zitiert der deutsche Kosmograph aus dem Gedächtnisse. So finden sich die S. 51 des Faksimiledruckes erwähnten Angaben über die Menschen ohne Häupter mit den Augen auf der Brust sowie über die Einfüßler nicht in dem Abschnitt über Afrika, sondern in dem mit: "De monstris" überschriebenen und nach dem Zusammenhang zu Indien gehörenden Abschnitt.

[32.1] Ueber Hermes vgl. L. Ménard, Hermes Trismegiste, Traduction complète, Paris 1867. Wie Ménard in seiner Einleitung bemerkt: "on le (Hermes) regardait comme une sorte de révélateur inspiré ... Cette opinion fut acceptée par Marsile Ficin, Patrizzi et les autres érudits de la Renaissance, qui ont traduit ou commenté les livres hermétiques" a.a.O., S. If. Betreffs der "Virgo mundi" heißt es dort S. LXXXI: "Mais de tous les livres hérmetiques qui nous sont parvenu, le plus curieux, celui où l'élément égyptien est le plus apparent, c'est le Livre sacré intitulé aussi la Vierge du monde ou la Prunelle du monde ... C'est un entretien d'Isis avec son fils Hôros sur la création du monde, l'incarnation des âmes et la métempsycose". Die Fragmente des Buches: "La Vierge du monde" finden sich a.a.O., S. 177-221. Trotz aller Bemühungen ist es mir nicht gelungen, handschriftlich oder gedruckt die Interpolation über das achte Klima in den Werken des Hermes aufzufinden. Ueber die verwickelte Hermes-Frage vgl. Th. Zielinski, Hermes und die Hermetik im Archiv für Religionswissenschaften, Leipzig 1905, S. 321 ff.

[33.1] Ueber die vielfach irrtümlich dem Donnus Nicolaus Germanus zugeschriebenen Abhandlungen: "Registrum alphabeticum" und "De locis ac mirabilibus mundi" vgl. Jos. Fischer, Die Entdeckungen der Normannen S. 80 f.

[35.1] Vgl. Fischer, a.a.O., S. 75 ff. und den Aufsatz: War Pseudo-Donis Benediktiner in Reichenbach ? (Hist.-polit. Bl. CXXVI [1900], 641 ff.). Wenn man auf Grund meiner Ausführungen stellenweise angenommen hat, nach meiner Ansicht sei es erwiesen, daß Donnus Nicolaus Germanus kein Mönch gewesen sei, so ist dies nicht richtig. Im Gegenteil vermute ich, Nicolaus sei Benediktiner gewesen und habe lange Jahre in der großen Benediktinerabtei in Florenz, der Badia, gewirkt. Bei der mir 1903 durch das Istituto Austriaco di studi storici ermöglichten Studienreise in Italien habe ich versucht, Klarheit über diese Frage zu schaffen. Aber bei dem Bemühen, die reichen archivalischen Bestände der Badia, die sich jetzt im Staatsarchiv von Florenz finden, durchzuarbeiten, ergab sich schon bald, daß eine Lösung des Problems bei der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich sei. In ein und demselben Faszikel fanden sich nämlich die verschiedenartigsten Aktenstücke: Briefe, Rechnungen, Gutachten usw. aus den verschiedensten Jahrhunderten. In dem Bande 257 sind eine Anzahl Briefe aus der Mitte des XV. Jahrhunderts aufbewahrt, von denen einer die Bezeichnung donnus enthält und auch den Namen Nicolaus, aber keine Angabe, die auf unsern Kartographen schließen ließe. Hoffentlich bringen aber die Anhaltspunkte, welche für eine Beziehung zwischen den Kartographen Donnus Nicolaus Germanus und Henricus Martellus Germanus gewonnen wurden, weitere Aufklärung. Von Donnus Nicolaus Germanus sind mir bisher wohl ein Dutzend Ptolemäushandschriften mit Karten bekannt geworden. Vgl. auch das eben erschienene vortreffliche Werk von Björnbo und Petersen über Claudius Clavus (Innsbruck, Wagner 1909), S. 21 f., 26 ff. sowie Nachträge S. 248 ff.

[36.1] Bernh. von Breidenbach, Fart über mer zu dem heiligen Grab, Mainz 1486, in dem Abschnitt: "Von dem gang uß Jherusalem zum Jordan".

[37.1] Breidenbach, a.a.O., in der Beschreibung von Cypern.

[37.2] a.a.O., in dem Abschnitt: "Von der statt Rodiß, wie sie von den Türken ward belegert und understanden zu gewynnen".

[38.1] Das Werk von Hali: ["Hali filius Abenragelis = Ali Ibn Abi Al-Rajjal (Abu AI Hasan)" wird Albohazen im Katalog des Brit. Museums genannt] Liber completus in iudiciis astrorum de electionibus" wurde 1256 von Aegidius de Tebaldis und Petrus de Regio ins Lateinische übersetzt. Vgl. J. Marx, Die Handschriften-Sammlung des Hospitals zu Cues, Trier 1905, VIII. 207, I. Für seine überaus freundliche Aufnahme und Unterstützung schulde ich dem leider inzwischen verstorbenen hochw. Herrn Rektor und Bibliothekar zu Cues Bernh. Dingels innigsten Dank.

[38.2] Das Werk: "Opus sphaericum" oder "Sphaera mundi" des Johannes de Sacro busto oder Sacro Bosco oder Sacro Boscho (John Halifax of Holywood) war in Handschriften und Inkunabeldrucken sehr verbreitet, erwähnt seien nur die Ausgaben Ferrara 1472, Mailand 1478, ohne Druckort und Drucker 1482.

[38.3] Die Compilatio Leupoldi findet sich handschriftlich in München und Wien. Von Inkunabeldrucken habe ich verglichen die Augsburger Ausgabe von 1489. Der Wiener Sammelkodex (Cod. lat. Vindob. 5438) stammt, wie das "Ex libris" zeigt, aus dem Nachlasse des bekannten Mathematikers und Kartographen Joh. Schöner (ein Faksimile des Schönerschen Ex libris findet sich in der Publikation der Weltkarten Waldseemüllers S. 5). Der Traktat des "Leopoldus dux austriae" (Bezeichnung von Schöners Hand) füllt die Seiten 1-106. Die Papierhandschrift in 4° hat Holzdeckel mit blauem Leder, die Schließen fehlen, Vorder- und Rückseite wiesen früher fünf runde Knöpfe auf, der mittlere war von einem Stern umgeben. Die Innenseite des vorderen Deckels bietet außer dem "Ex libris" einen aufgeklebten Zettel, auf den Schöner den Inhalt des Sammelbandes (Lupoldus dux austrie de astro, Tractatus de significatione 4 superiorum et de electionibus magistri Bartholomei usw.) eigenhändig notiert hat.

[39.1] Eine Inkunabelausgabe dieses Werkes erschien u. a. 1482 in Venedig. Da Dionysius nur sieben Klimate behandelt, so folgt daraus unmittelbar die Richtigkeit der Angabe; "Mit diesen 7 clima beschließen viel Astronomi dy innwohnenden Land, als ... Dyonisius tessalonicens" (S. 26 des Faks.).

[39.2] Solinus ed. Mommsen, c. 52, 12: Prasia gens validissima. Palibothram urbem incolunt, unde quidam gentem ipsam Palibothros nominaverunt, quorum rex sescenta milia peditum, equitum triginta milia, elephantorum octo milia om-nibus diebus ad Stipendium vocat", die entscheidenden, irrtümlich verbundenen Worte sind durch Sperrdruck hervorgehoben. Auf die Verbreitung der Werke des Strabo, Plinius und Solinus durch Handschriften und Drucke einzugehen, ist überflüssig, da sie für die Altersbestimmung des "deutschen Ptolemäus" kein neues Moment bieten.

[40.1] Die Tabulae Codicum der k.k. Wiener Hofbibliothek, durch die ich auf den Cod. 2992 geführt wurde, bemerken über diesen Sammelband: "2992 [Rec. 2149. 4.] ch. XVI (1509). 18.4°. 1) 1a-15a. Ptolomaeus, Cosmographia in linguam germanicam versa anno 1509. Incip.: "Nach Inhalt und mannigen ...". Expl.: "inßrmos necant manducant Arabes fures non habent". 2) 15b-16b. Descriptio insularum nuper inventarum. Incip.: "Dise inseln seind funden worden Anno 1484 und da ist geweszen aytel wiltnus ...". Expl.: "dar vil wunders besahe". 3) 16b- 18b. Notitiae geographicae cum miliariorum indice et enumeratione hospitiorum peregrinantium per Europam. Incip.: "Carmania civitas in Carmania ...". Expl. "Von Damascus gen Jerusalem bey 6 tagrays". - Aus dem Anfang: "Nach inhalt und mannigen" [st. meinung!] ergab sich ebenso wie aus dem Schluß, daß es sich um den "deutschen Ptolemäus" handelte (vgl. Faks. S. 5 u. 69). Bei der Prüfung der Handschrift, die mir bereitwilligst zugeschickt wurde, stellte sich heraus, daß alle drei Teile des Manuskriptes Exzerpte von Schöners Hand bieten. S. 15 f. handelt über "S. Thome insula", (gefunden 1484, damals "aytel wiltnus", jetzt Verbrecherkolonie Portugals); Insule Martini (Jahreszeiten von den unsern verschieden, desgl. die Tierwelt, "vil Bysams"); Rapta Azania (vom h. Matthaeus bekehrt, von einem Vetter des Priesterkönigs Johannes beherrscht, es sind Mohren "getauft mit dem feur an der stirnn); in ähnlicher Weise wird gehandelt von der "Scoyra insular, von "Taprobana", von dem Reiche "Coylu" auf Madagaskar, von der Insel Zanzibar, von dem Gebiet "Circa gangen fluvium", von den "Daruse Insule", vom "Meandrus mons", vom "Sinus magnus", von "Coylur", von der "Insula de S. Brando", von "Carmania", vom "Vindius mons in India", von "Tarsis in Scythia", von der Insel "Yßlandt", "Irlandt", "Mauritania Affrice" und endlich von den Städten "spiria" und "Wangio" (Worms). - Die Reiserouten S. 17 u. 18 nehmen ihren Ausgang von Nürnberg; die erste führt über Köln, Brügge, London, "Odwurck [Edinburg] die haubtstat in Schottland" nach Paris ... nach St. Jakob, nach Rom, Jerusalem, Rom, Stockholm, Prag; die zweite S. 18 ist charakterisiert durch die Ueberschrift: "Der weg auf dem landt gain Jerusalem".

[42.1] Das Schönersche Handexemplar der Ulmer Ptolemäusausgabe von 1482 findet sich, wie überhaupt der handschriftliche Nachlaß Schöners, in der k.k. Hofbibliothek in Wien. Als ich bei einem Besuche der Hofbibliothek 1905 Schöners Handexemplar der Ulmer Ausgabe von 1482 (Cod. lat. Vind. 3292) einsah, fiel mir die Aehnlichkeit der Schriftzüge des Johannes Schöner mit denen der handschriftlichen Nachträge auf den Waldseemüller-Karten von 1507 und 1516 auf. Noch mehr interessierte es mich, daß Schöner auf den Ptolemäuskarten Längen- und Breitenkreise mit roter Tinte eingezeichnet hatte. Dadurch war die Möglichkeit geboten, mit voller Sicherheit festzustellen, wie sich nach Jahrhunderten die rote Tinte zur gleichalterigen Druckerschwärze verhält. Da dies für die Beurteilung der roten Linien der Weltkarten Waldseemüllers von ausschlaggebender Bedeutung sein mußte, so bat ich um eine Entlehnung, die von dem hochverehrten Direktor der Hofbibliothek Herrn Hofrat Dr. Jos. v. Karabacek in zuvorkommendster Weise gewährt wurde. Eine genaue Nachprüfung, an der sich auch Herr Hofrat v. Wieser beteiligte, ergab, daß die handschriftlichen Eintragungen auf den Karten Waldseemüllers von Schöner stammen und daß auch die roten Linien auf den Karten Waldseemüllers nachträglich von Schöner eingezeichnet worden sind. Wie ich später feststellen konnte, entsprechen die Eintragungen Schöners auf den Weltkarten Waldseemüllers zum Teil wörtlich den eben (Anm. 39) erwähnten Notizen Schöners im Wiener Kodex 2992. So lautet der Nachtrag Schöners auf der großen Weltkarte Waldseemüllers von 1507 bei der Inselgruppe "delle pulzelle": "Insule S. Martini. Ibi est estas, quum apud nos hyems sentitur. Omnes aves et omnia animalia harum insularum alterius sunt maneriei [spät-lat. = rationis, modi] a nostris. In hys nascitur Algalla, apudnos dicitur Muscus". Die entsprechende Stelle lautet in Schöners Kodex (Nr. 2992): "Insule Martini. Idem in diser gegnet ist sommer als wir in europa wintter haben und alle vogel und thier sein anders gestalt, dann unsere und hie wechst vil Bysams, den man in Portugallia nennet Algalla". Aehnlich verhält es sich mit der Legende, welche Schöner auf der von ihm gezeichneten handschriftlichen Teilkarte der Carta Marina (vgl. die Waldseemüllerkarten S. 20) angebracht hat: "Insule hee [Principis u. S. Thomae] invente sunt Anno 1484 per portugalenses et per eos inhabitate, fuerunt enim antea deserte" und der Angabe des Kodex 2992, S. l5b: "S. Thome insula et principalis insula. Dise inseln sein funden worden anno 1484 und da ist gewesen aytel wiltnus, kayn thir, dann aleyn walt und vogel". Jetzt schickt der König von Portugal Volk dahin, das "sunst den dot verwirckt hat", damit "das landt teglich von den portugelen bewont wird". - Es wäre eine lohnende und dankenswerte Arbeit, den Nachlaß Schöners in ähnlicher Weise zu bearbeiten, wie dies Stauber mit so großem Erfolg betr. der Schedelschen Bibliothek getan hat. Die Arbeit des leider vor dem Drucke gestorbenen Stauber hat Hartig pietätvoll herausgegeben in H. Grauerts Studien und Darstellungen auf dem Gebiete der Geschichte VI (1908).

[43.1] In dem gedruckten Handschr.-Katalog der Münch. Hof- u. Staatsbibliothek heißt es über unsern Cod. lat. 388: "40. s. XV. et XVI. 285 fol. ex libris J. A. Widmestadii ..... f. 182 Ptolemaei Cosmographia (cum charta geogr.) germanice cum invitatione lectoris (12 dist. "Pierides musas".) f. 219 [also unmittelbar nach dem deutschen Ptolemäus] Contra militarium aut equitum filios stipendiorum eccl. possessores "superbia quae Luciferum". Für einen Geographen interessant sind besonders f. 224 Nota ad chartam navigandi. Primum opus est compasto; f. 226 b Canon ad compastum Nurenbergensem; f. 271 Barnabas Christinus de Romae regionibus. Daß der Inhalt des Sammelbandes, der verschiedene Schreiber hatte, wohl durchgehends Abschriften bietet, erhellt aus Angaben wie f. 1. Purchardi de Aynbyl (Auwil) Alsati bellum ducis Sigismundi de Austria (a. 1487) contra Venetos prosa oratione (1-62); f. 1O9 Aeneae Silvii carmen ad Casp. Schlick "omnibus est"; f. 122 Conradus Celtis de situ ac mori-bus Germaniae; f. 240 Valerii Probi de litteris antiquis opuscu-lum a fr. Michaele Perrarino Regiensi Carmel emendatum et suppletum, scripsit a. 1486 Boninus de Boninis Ragusinus.


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